Verplappert

aus: Pälzer Humor

in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten

 

(Dieser Text ist in pfälzer Mundart zu lesen, wenn er hochdeutsch gelesen

wird, ergibt sich an vielen Stellen ein schlechtes oder sogar falsches Deutsch)

 

 

Die Gustel war ein liebes, hübsches und durchtriebenes Fräuleinchen von so ungefähr neunzehn Jahren. Wenn man sie nur angesehen hat mit ihren hellen, lustigen Augen und ihrem Struwwel-Köpfchen, hat man seine helle Pläsier an ihr haben müssen.

 

Natürlich war sie für ihr Leben gerne dabei, wenn es sich darum gehandelt hat, Possen zu treiben und Schabernack zu spielen; ihre Haupt-Pläsier war, den Leuten etwas weis zu machen und sie am Narrenseil herumzuführen.

 

An Verehrern und an Begehrern hat es ihr nicht gefehlt, aber was die letzte Kategorie anbelangt, so hat sie alle getröstet, sie sollen doch in zehn Jahren wieder anklopfen, vorderhand wäre es ihr noch zu pudelwohl für in das Ehejoch zu schlüpfen.

 

An einem schönen Tag, wie es ihr gerade recht tot-sterbens-langweilig zu Mut war, liest sie da in der Zeitung ein Heiratsgesuch von einem „älteren Herrn“, und gleich ist es bei ihr festgestanden: „Gustel, jetzt amüsierst du dich einmal auf eigene Faust.“

 

Ihr apfelfrisches, lustiges Briefchen hat natürlich ein lautes Echo gefunden, und sie ist mit den himmel-besten Worten um ein Rendezvous gebeten worden.

 

„Ha, warum denn nicht, ein Rendezvous in Ehren kann niemand verwehren. Diesen alten Schwerenöter will ich recht zappeln lassen“, denkt sie bei sich. Nach langem Hin- und Her-Überlegen hat sie also ihren „Adoptiv-Bräutigam“, wie sie ihn im Stillen tituliert hat, für den nächsten Sonntag-Mittag Schlag drei in eine Konditorei bestellt.

 

Als Erkennungszeichen hat sie ausgemacht: ihrerseits ein rosa Battistkleid, ein weißer Hut mit Maiblumen und ein Maiblumen-Sträußchen am Gürtel, und seinerseits ein Vergissmeinnicht-Sträußchen im Knopfloch; das andere täte sich dann schon von selbst finden, hat sie geschrieben.

 

So recht geheuer war es aber der Fräulein Gustel doch nicht bei dem Spaß, und als „Deckung“ für sich hat sie ihr kleines Nichtchen mitgenommen und ist dann in einem schwarzen Kleid mit einem schwarzen Hut, aber wie verabredet, mit einem Maiblumen-Sträußchen im Gürtel am Sonntag-Mittag Punkt drei in die Konditorei gestiefelt.

 

Im selben Augenblick, wie sie mit ihrem Nichtchen eingetreten ist, ist auch ein aufgeputzter, geschniegelter und gebügelter geckenhafter älterer Herr gekommen, und dass er ihr liebes, frisches Gesichtlein durch sein Monokel nach Noten fixiert hat, brauche ich euch nicht weiter zu erzählen, das versteht sich per se. Er hat dann das ganze Säälchen abgesucht und hat an ihrem Tisch, in der Nähe von der Tür, Platz genommen.

 

So oft die Türaufgegangen ist, hat er die Leute, die gekommen sind, fast mit den Augen verschlungen, und dann hat er als so de- und weh-mütig von seinen Vergissmeinnichtchen im Knopfloch zu den Maiblumen am Gürtel und von den Maiblumen am Gürtel wieder retour zu den

Vergissmeinnichtchen geschielt. Die Fräulein Gustel hat sich natürlich gottvoll amüsiert. Sie hat sich halb schief lachen wollen vor lauter Pläsier und hat ihr Gesichtlein förmlich in ein Journal vergraben.

 

Schließlich ist ihr Kichern aber ihrem Vis-a-vis doch aufgefallen, er hat sich Courage genommen, hat feierlich den Brief aus seiner Brust-tasche gelangt und hat ihn neben sich auf den Tisch gelegt. Da hat das kleine Nichtchen gesehen, und voller Pläsier fängt sie an zu juchzen: „Da gucke einmal her, Tante Gustel, man meint gerade, das hättest du geschrieben, das ist doch ganz genau deine Handschrift.“

 

Eins, zwei, drei, war das alte Gestell auf den Beinen, stellt sich vor die Gustel hin und macht ihr eine tiefe Verbeugung. „Endlich, endlich – also doch meine Gnädigste“, hat er gepispert.

 

Die Fräulein Gustel aber, Zoll für Zoll eine Fürstin, guckt ihn an, kühl bis an das Herz hinan und sagt: „Was unterstehen Sie sich denn – Sie – Sie. Habe ich vielleicht ein rosa Kleid an und einen weißen Hut auf?“

 

Lina Sommer

 

Originalschreibweise:

 

folgt