Sonntags (Sunndags)
aus: Dess un Sell
in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten
In einem Haus mir gegenüber
wohnt, gar akkurat und nett,
so eine kleine, alte Jungfer,
züchtig, tüchtig und adrett.
Blitzeblank das ganze Persönchen
und so weiß wie Schnee seine Haare,
oft liegt so eine stille Wehmut
in den Augen licht und klar.
Morgens schon um halb(er) neune,
unverdrossen und gebückt,
sitzt es fleißig da am Fenster,
weil es für Geschäfte näht und stickt.
Doch am Samstag läuft es zum Bäcker
husch, husch, husch, zum Haus hinaus,
unter der Serviette – verstohlen –
guckt ein Zim(met)tküchlein heraus.
Sonntags beim Kaffee und Küchlein,
da vergisst es seine Mühe und Last,
alle, die vor ihm heimgegangen,
sind dann still bei ihm zu Gast.
Lina Sommer