Sommertag

aus: Im Vorübergehn

hochdeutsch

 

Blau ausgeschlagen das Himmelszelt,

rings eingewickelt die ganze Welt

in eitel Freude und Wonne;

auch über der fernsten, stillsten Gruft

ein Meer von Blüten, ein Meer von Duft,

im Strahlenkleide Frau Sonne.

 

Das Bächlein, ein glitzerndes Silberband,

durcheilend das fröhliche Wiesenland,

der Vöglein liebliche Weisen;

Ein Kränzel im Haar die Mägdlein schlank,

ein Sträußel am Hut die Burschen frank,

Frohlocken, Danken und Preisen.

 

Schmal-Rehlein mit Augen scheu und groß,

Jung-Häslein huscht über´s weiche Moos

in all dem grün-goldenen Schweigen;

Frau Minne, die liebe Lichtgestalt,

geht leise und segnend durch den Wald,

die Bäume flüsternd sich neigen.

 

Und wo ich gehe und wo ich steh´,

ich fühle des gütigen Schöpfers Näh´,

in all dem Werden und Weben.

Froh falt´ ich die Hände und juble ihm zu:

ich grüße dich, lieber Herrgott, du,

und grüße dich, leuchtendes Leben.

 

Lina Sommer