Letztes Schauen

aus: Grüß Gott

(hochdeutsch)

 

Roter Geranien hell-leuchtende Pracht

an den Scheiben, den kleinen, blanken;

Mullgardinen, mit Tupfen bestickt,

und am Fenster in Gedanken

eine liebe, stille, gütige Frau

mit Augen gleich einem Kinde.

 

Winken von schmaler, weißer Hand,

ein Tüchlein flatternd im Winde,

so nahm er in des Krieges Graus

der Heimat Bild mit sich hinaus.

 

Roter Geranien hell-leuchtende Pracht,

so rot wie das Blut aus den Wunden;

Mullgardinen, mit Tupfen bestickt,

vergangene, glückselige Stunden.

 

Winken von schmaler, weißer Hand,

ein Tüchlein flatternd im Winde,

eine liebe, stille, gütige Frau

mit Augen gleich einem Kinde,

 

sein letztes Schauen in Todesnot,

und wie seine Augen schon brechen,

die bleichen Lippen noch einmal leis

ihren Namen sprechen.

 

Lina Sommer