Im Krankenstübchen

aus: Im Vorübergehn

(hochdeutsch)

 

Langstielige rote Rosen,

ganz wundervoll anzusehen,

in schlanker, kristallner Vase

im kleinen Stübchen stehen.

 

Als man der Kranken, der jungen,

sie leise ans Bett gebracht,

wie hat, trotz Fieber und Schmerzen,

glückselig ihr Auge gelacht.

 

Die Knospen, die morgenschönen,

entfalteten sich im Licht,

oft waren die Blicke der Kranken

so sonnend auf sie gerichtet.

 

Heute sanken die zarten Blätter

hernieder, ganz sachte-sacht,

ein kleiner Ruck an der Vase

hat sie zum Fallen gebracht.

 

Zwei rauhe geschäftige Hände,

von solchen, die niemals ruhen,

scharrten sie flink zusammen,

um sie zur Asche zu tun.

 

Als nun die junge Kranke

dies rasche Gebaren sah,

bat sie, mit ahnendem Schauer,

oh, lass sie ein bisschen noch da.

 

Lina Sommer