Im kleinenStübchen I (Im klääne Schtübbche)
aus: Pälzer Humor (1914)
(in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten)
Die Mullgardinen bläht der Wind,
das Resedenstöckchen blüht,
die Sonne, die scheint so hell, so warm,
der Vogel singt sein Lied.
Zwei alte Leutchen lieb und schlicht,
die stehen Hand in Hand,
erwartungsfroh, erwartungsbang,
am Fenster beieinand.
Da kommt, so lang und heiß ersehnt
der Telegrafen-Bote,
vier Augen leuchten tausendfroh,
zwei Herzen danken Gott.
Der neugebackene Großpapa
kramt im Kommödchen herum,
holt längst vergessenes Spielzeug her
und schafft so daran herum.
Die neugebackene Großmama
langt aus dem Spind heraus
ihr Heiligtum, ihr Hochzeitskleid,
schneidet kleine Jäckchen daraus.
So nähen sie, so basteln sie,
für´s erste Enkelkind,
und durch das kleine Stübchen weht
Erinnerung, leis und lind.
Lina Sommer