Ein Traum II (E Draam)

aus: Dess un Sell

in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten

 

Ich habe geträumt, ich wäre gestorben,

hätte drüben in der Pfalz mein Grab

wie ich mir schon bei Lebenszeiten

so sehnlich das gewunschen habe.

 

Im Traum bin ich spazieren gegangen

in Jockgrim auf den Kirchhof hinaus,

und sehe ein Grab, das sticht die anderen

bei weitem alle miteinander aus.

 

Rechts war und links ein kleines Bäumchen,

ein Vögelchen hat drin gesung´,

das hat so fröhlich und so selig,

so sorgenlos hat das geklung´.

 

Und Blumen waren da gewachsen,

ein ganzer Locken, nicht gespasst,                Locken = Menge

keine stolzen, nein, so bescheidene, kleine,

wie es für den stillen Garten passt.

 

Und an der Mauer war eine Tafel:

ich gucke mir schier die Augen aus,

doch mit dem allerbesten Willen,

ich bringe den Namen nicht heraus.

 

Da geht ein alter Mann vorüber

und wie ich sachte ihn habe gefragt:

wer liegt dann da begraben, Alter ?

da hat er freundlich zu mir gesagt:

 

Da drunten schläft die Lina Sommer,

still, wecken Sie sie nur nicht auf,

die schickt die Blumen als Gedichtlein

als kleinen Gruß zu uns herauf.

 

Nein, wie kann man nur so dappisch träumen,

denke ich, wie ich bin aufgewacht,

habe mir die Augen ausgerieben

und habe geweint und habe gelacht.

 

Lina Sommer

 

Originalschreibweise: